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140326 Entwicklerzentrum ist die Herzkammer

 

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Heiligenhaus. Trotz internationaler Ausrichtung des Autozulieferers spielt der Kiekert-Stammsitz immer noch eine wichtige Rolle.
Von Stefan Mülders
Als Weltmarktführer für automobile Schließsysteme expandierte die Kiekert AG in der jüngeren Vergangenheit vor allem in außereuropäische Länder. Dazu zählten allein in den vergangenen beiden Jahren der Ausbau des seit 2008 in Changshu/China existierenden Standortes mit Produktion und Entwicklung, der Neuaufbau einer Produktionsstätte im russischen Naberezhnye Chelny, die Optimierung der Produktions- und Entwicklungsstätten in Puebla/Mexiko, der Aufbau eines Technologiezentrums in Sao Paulo/Brasilien und der Ausbau des Standortes in Prelouc/Tschechien zum weltweit größten Produktionsstandort für Schließsysteme. "Als Automobilzulieferer bewegen wir uns nach wie vor in einem weltweiten Wachstumsmarkt", sagt der Vorstandsvorsitzende Karl Krause. "Der unterliegt allerdings starken regionalen Unterschieden. Nachhaltig mitwachsen kann da nur, wer sich in die Nähe des Kunden begibt."
So folgt Kiekert nicht der Strategie, irgendwo im Ausland billiger zu produzieren, sondern an allen Standorten Kompetenzen auf- und auszubauen. "Globalisierung ist Lokalisierung von Know-how", sagt Krause. So spielt der Stammsitz in Heiligenhaus nach wie vor eine zentrale Rolle, vor allem in der Entwicklung. Von weltweit über 350 Ingenieuren arbeiten rund 200 am Höseler Platz. Und denen bieten sich nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, um schon vor der Prototypenproduktion ausgereifte neue Technologien zu entwickeln. "Wir können durch Simulationen alle Eventualitäten und weltweiten Gegebenheiten berücksichtigen, ohne auch nur ein Bauteil in der Hand gehalten zu haben", sagt Thorsten Bendel, der Leiter der Produktentwicklung. Dabei wird zum Beispiel die Wirkung von Wüstensand auf Seitenschlösser analysiert, von Wasser, extremer Hitze oder Kälte sowie Salz. Außerdem spielen akustische Auswirkungen, Tests zur Lebensdauer, Crash-Sicherheit und Betriebsgeräusche bei den Messungen eine Rolle. Abgesehen von den computersimulierten Tests können alle Auswirkungen auch auf Testständen im Echtbetrieb geprüft werden. Außer in Heiligenhaus sind diese umfangreichen Prüfungen auch an den übrigen vier Entwicklungsstandorten in Tschechien, den USA, Mexiko und China möglich. Die Grundlage dafür, dass Kiekert sich auch als Innovationstreiber einen Namen gemacht hat.
Die wohl berühmteste Erfindung ist die Zentralverriegelung, aber Kiekert hält zurzeit über 900 eigene Patente. Eines der jüngeren davon ist die Temporäre Crash Resonanz (TCR), sozusagen ein "intelligentes Schloss", das – vereinfacht gesagt – die Balance hält zwischen Verriegelung der Türe während der Unfallsituation und einfachem Türöffnen hinterher. Entwickelt auf der Basis von fünf Grundfaktoren: Gewichts- und Bauraumreduktion, Unfall-Sicherheit, Kostenoptimierung und Komfort. Obwohl es weltweit betrachtet bedeutendere Produktionsstandorte gibt, laufen auch in Heiligenhaus zurzeit rund 5,2 Millionen Schlösser pro Jahr vom Band – oder etwa 20 000 pro Tag, je nach Typ alle fünf bis 15 Sekunden eines. Diese sind bestimmt für zwei deutsche Premiumhersteller. Das vielfach verbaute L-Schloss besteht aus 108 Einzelteilen von 37 Zulieferern aus sieben Ländern. Jedes Schloss wird während des Produktionsprozesses mehrfach geprüft, eine absolute Notwendigkeit für diese sicherheitsrelevanten Bauteile. Neue bauliche Großprojekte stehen für Kiekert in diesem Jahr nicht an. Aktuell werden Mitarbeiter für den Technologiestandort in Sao Paulo gesucht, das neue Werk in Russland startet in Kürze mit der Produktion und soll im Mai offiziell eröffnet werden.

Daten & Fakten
Größtes Werk ist in Tschechien
Unternehmen Rund 5000 Mitarbeiter erwirtschaften einen Umsatz von 650 Millionen Euro.
Produktion Weltweit rund 55 Millionen Seitentürschlösser pro Jahr, dazu kommen in geringerem Maße Schließsysteme für Pkw-Hecks und Lkw. Das größte Werk in Tschechien produziert jährlich 25 Millionen Schlösser, in zwei Jahren sollen es 35 Millionen sein. China macht nach dem Ausbau des Werkes als größter Wachstumsmarkt rund ein Fünftel des Kiekert-Produktionsvolumens aus.
Innovation Ein Drittel der Produkte sind jünger als drei Jahre. Die Entwicklungskosten liegen bei sieben Prozent vom Umsatz.



Autor: Muelders -- 02.11.2018; 21:12:23 Uhr

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